Wieviel Bibel verträgt ein Kind?

Submitted by Irmgard on

 

Je mehr Bibelwissen wir unseren Kindern vermitteln, umso besser sind sie fürs Leben gerüstet. Ist das so?

 

Mir lief 2001 an einer Konferenz von Bibellesebund-Mitarbeitern unter Kindern ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Mir wurde nämlich bewusst, dass ich beim Erzählen von biblischen Geschichten recht einseitig Wissen weitergab. Und dass ich damit wohl nicht ganz alleine dastehe. Der Test, ob wir (über-)gewichtig biblisches Wissen weitergeben, kann die Beobachtung sein, was wir nach dem Erzählen tun. Ich liebte es bis dahin, irgendwelche durchaus kreativen Quiz zu veranstalten: Wie hiess der Typ schon wieder, der auf einen Baum kletterte, um Jesus besser zu sehen? Wie nennt man diese Baumart (gibt 3 Punkte)? Ich kann darauf verzichten, weitere Beispiele zu nennen. Liebst du das auch? 

1. Biblisches Wissen

Wie wichtig ist es für mein Leben, dass ich den Namen „Zachäus“ weiss? Oder noch krasser gefragt: Wie wichtig ist es in der Sicht aufs ewige Leben? Ich bin sicher, dass wir beim Eintritt in den Himmel keinen Eintrittstest ablegen und bestehen müssen, in dem wir in Bibel- wissen geprüft werden. Da gehts nur darum, ob die Beziehung zu Jesus Christus lebendig ist und ob unser Christsein zu entsprechenden Taten geführt hat (Jakobusbrief lässt grüssen). Dennoch:

Bibelwissen ist genial!

Ich bin dankbar, dass ich ein Theologie-Studium absolvieren konnte und davon heute weitergeben kann. Aber damit war und ist es Gott sei Dank nicht abgeschlossen: Es gibt täglich Neues zu entdecken, man versteht gewisse Zusammenhänge besser usw. Da heute bei jungen Menschen nur wenige biblische Geschichten überhaupt noch bekannt sind und die Bibel oft völlig falsch zitiert und benutzt wird, ist es absolut wichtig, Bescheid über die Bibel (z.B. über ihre Entstehung) und über ihren Inhalt zu wissen.

Biblische Geschichten

Damit komme ich zu einer weiteren Zwischenbemerkung, die mir wichtig ist: Ich vermittle die biblischen Wahrheiten nicht als Lehre, sondern teile aus dem Schatzbuch der Bibel aus, indem ich die biblischen Geschichten erzähle. Sie sind voll an wunderbaren Erfahrungsschätzen von Menschen, die schon vor uns Erlebnisse mit Gott/Jesus/dem heiligen Geist gemacht haben. Ich bereite die Geschichten so gut vor, dass ich beim Erzählen die wesentlichen Inhalte herausleuchten lassen kann, welche die Geschichte enthält. Übrigens: Wenn ich es schaffe, die biblischen Geschichten vom Kinderalltag her zu erzählen und da anzuknüpfen, wo die Kinder sind, kommt praktisch nie die Rückmeldung:

Kenne ich schon! Denn da spüren sie: Jetzt geht es um mich, diese Geschichte hat mir etwas zu sagen.

Damit sind wir beim zweiten Punkt angekommen.

2. Erfahrung, Erlebnis, Gefühl

Gleichberechtigt neben unserem Wunsch, biblisches Wissen zu vermitteln, geht es darum, die Erfahrung und das Gefühl der Zuhörer anzusprechen. Sonst „predigen“ wir völlig an ihnen vorbei. Also versuche ich an ihrem Erlebnis-Hintergrund anzuknüpfen und sie da weiterzubringen: „Hast du auch schon erlebt/gedacht ...?“ Oft brauche ich das nicht einmal direkt anzusprechen. Wenn ich farbig erzähle, sind die Kinder automatisch in der Erzählung drin und erleben mit, was meine er- zählten Personen erleben. Das soll sie weiterbringen zu neuen, eigenen Erfahrungen. Es soll sie motivieren, Dinge in den kommenden Tagen auszuprobieren.

Also muss ich mir beim Vorbereiten dringend und gründlich überlegen: Wo/ wie kommen Erfahrungen der Kinder in meiner Lektion/meiner Geschichte vor? Wo spreche ich ihr Gefühl an? Das wird Auswirkungen auf meine Dekoration haben, auf die Spielstrasse, auf die Liedauswahl, auf die Art, wie ich die Geschichte erzähle, auf den ganzen Ablauf. Ich werde nach dem rechtzeitigen Einrichten des Raumes genügend Zeit und Energie darauf verwenden, die Kinder herzlich willkommen zu heissen

Lerntheorie

Es kommt eine weitere Überlegung dazu, nämlich die, wie wir lernen. Es gibt dazu viele Theorien, eine lautet: Wir lernen, indem wir etwas hören, es erforschen, eigene Entdeckungen machen, diese uns aneignen und sie schliesslich tun. Etwas „gehört haben“ heisst noch lange nicht, dass wir es auch bereits gespeichert haben und dass wir es anwenden können. Lernen besteht aus mehreren Schritten. Wir müssen Anreiz und Raum geben, die weiteren Schritte nach dem Hören auch zu tun. Erst dann kommen wir zum dritten Punkt:

3. Konsequenzen fürs Leben

Die biblische Botschaft darf sich nicht darin erschöpfen, dass wir sie „wissen“. Sie will unseren Lebensstil prägen. Sie will uns nachhaltig verändern, immer mehr zu dem machen, wie Gott sich uns gedacht hat. Wir investieren also nicht viele Stunden in eine gute Vorbereitung, nur damit unser Erzählen von biblischen Geschichten sie beim Quiz besser abschneiden lässt. Sondern wir beten darum, dass es die Zuhörenden prägt. Da wächst eine zukünftige Generation heran und wir dürfen mithelfen, ihnen wichtige Werte mitzugeben. Ihnen Gott als ihren Schöpfer und Vater bekannt zu machen, Jesus als Herrn und Heiland lieb zu machen und sie auf Gottes heiligen Geist hinzuweisen, der uns Kraft gibt zu einem gottwohlgefälligen Leben. Das geht weit über Wissen hinaus!

Misslungen

Ich erinnere mich an eine Stunde (zum Glück liegt sie weit zurück), in der ich eine biblische Geschichte erzählte und in welcher es um Frieden ging. Nach der Verabschiedung gingen draussen sofort zwei aufeinander los und es kam zu einer Schlägerei. Wenn es wenigstens eine friedliche Schlägerei gewesen wäre! Heute weiss ich: Ich habe wohl theoretisches Wissen über „man soll Frieden machen und sich friedlich verhalten usw.“ vermittelt, aber die Erfahrung und den Lebensstil habe ich damit nicht angesprochen, so dass er verändert worden wäre (wenigstens bei diesen Zweien nicht).

Drei Fragen bei der Vorbereitung

Darum gehört es für mich heute zwingend dazu, mir beim Vorbereiten die dreiteilige Frage zu stellen:

  1. Was will der biblische Text den Kindern sagen? Was ist das Ziel der Geschichte und in der Folge der gesamten Lektion? Was soll vermittelt werden?
  2. Wo kann ich damit bei den Kindern anknüpfen? Welche Erfahrungen kann ich schon voraussetzen? Welche Erlebnisse kommen in der Geschichte vor, die sie sofort auf sich anwenden/übertragen können? Wo haben Gefühle Platz?
  3. Was hat das alles mit dem Lebensstil der Kinder zu tun? Wo kann die biblische Botschaft diesen prägen?

Diese drei Fragen und Antworten stehen gleichgewichtig nebeneinander. Je nachdem, wie wir selber sind, wird die eine oder andere Seite in unseren Lektionen Übergewicht haben. Das darf sein, da ergänzen wir uns als Team. Aber es darf nicht sein, dass wir einen Punkt völlig vernachlässigen. Es ist zu entscheidend, wenn die Kinder „etwas“ mitnehmen sollen aus der gemeinsamen Zeit mit uns.

Pestalozzi lässt grüssen

Übrigens: Pestalozzi hat in seinem Schulsystem von Kopf, Herz und Hand gesprochen. Er hat damit genau dasselbe umschrieben, was hier betont wird. Und: Guter Start-Treff, das Online-Material vom Bibellesebund für Kindermitarbeiter ist genau so aufgebaut. Unter www.bibellesebund.ch kannst du es dir gerne ansehen.

Noch einmal: Wenn ein Kind sagt, „Diese Geschichte kenne ich schon“, dann kann das ein Signal sein, dass es bisher den Eindruck bekam, Kindergottesdienst wolle einfach Wissen vermitteln, das man kennen muss. Das willst du aber nach dem Lesen dieses Artikels gar nicht mehr! Weder beim persönlichen Bibellesen noch beim Hören auf biblische Geschichten ist es entscheidend, ob ich einen Bibeltext schon „kenne“ oder zum ersten Mal höre. Vielmehr ist die allein wichtige Frage: Was willst du, Gott, mir heute damit sagen?

Anfangsfrage und Schluss

Ein Kind erträgt ziemlich viel Bibel! Die Frage ist allerdings, ob es sie nur „erträgt“, oder ob die Bibel sein Leben prägt. Ob Gott ihm durch die Beschäftigung mit der Bibel begegnet, oder ob dies ein Muss ist und die Bibel für es „toter Buchstabe“ bleibt. Dies allerdings gilt nicht nur fürs Kind, sondern für dich ebenso!

Quellennachweis

  • Inhalt und Bild:
 Forum Kind Heft 4/08, Seiten 4 + 5, © Copyright www.forum-kind.ch
  • Autor: Jürg Hochuli

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